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Dass es sich nicht nur für die großen
Unternehmen lohnt, in Sonnenenergie
zu investieren, beweist die im Dezem-
ber 2010 gegründete Bürgerenergie
Gotha eG. Die Genossenschaft besteht
derzeit aus 50 Mitgliedern und hat be-
reits über 700.000 Euro in den Bau von
Photovoltaikanlagen im Landkreis Go-
tha investiert. Zweck und Geschäftszie-
le der Genossenschaft sind der Bau von
Photovoltaik- und anderen Anlagen zur
Erzeugung erneuerbarer Energien, die
Förderung von energieeffizientem Bau-
en und Wohnen sowie Projekte, deren
Nachhaltigkeit auf optimiertem Gebäu-
demanagement und dem Einsatz mo-
derner Technologie basieren. Bisher hat
die Genossenschaft 13 Photovoltaikan-
lagen auf den Dächern in Gotha und im
Landkreis gebaut. Größtenteils sind es
kommunale Einrichtungen, die ihre Dä-
cher an die Genossenschaft verpachten.
Ein einzigartiges Beispiel zur Nutzung
der Sonnenenergie gibt es in Ballstädt.
Bereits 2006 hat der Unternehmer Mar-
kus Kästner den Solarpark „Sonnenwei-
de“ in Betrieb genommen. „Ich hatte
schon lange mit dem Gedanken ge-
spielt, in das Geschäft mit erneuerbaren
Energien einzusteigen. Ursprünglich
hatte ich an Windräder gedacht, doch
der Bau der Anlagen wurde mir auf mei-
nem Land leider nicht genehmigt“, sagt
der gelernte Energieelektroniker. Viel-
leicht war das Glück im Unglück, denn
aus diesem Grund hat er sich für den
Bau einer Photovoltaikanlage mit Poly-
und Monokristallin Panels entschieden.
Der Vorteil dieser Anlagen gegenüber
Dünnschicht-Panels, die zum Beispiel
im Solarpark „Güldene Aue“ eingesetzt
werden, ist, dass man auf kleiner
Fläche mehr Leistung erzeugen kann.
Ein Dünnschicht-Panel braucht bei
voller Sonneneinstrahlung in etwa ein
Drittel mehr Fläche als eine Kristal-
linanlage“, erklärt Kästner. Dünn-
schichtanlagen wiederum seien we-
sentlich leistungsfähiger im Schwach-
lichtverhalten als seine Panels. Den
höchsten Ertrag erreicht Kästner in den
Monaten April bis Juni, denn wenn es
heißer wird, nimmt die Leistung ab. Für
seine Anlagen ist die klare Sonnen-
einstrahlung wichtig.
Zunächst ging Kästner mit 108 Anlagen
ans Netz. Die Panels stehen auf Sockeln
und richten sich automatisch nach der
Sonne, ähnlich Sonnenblumen. In zwei
Etappen hat er sein Solarfeld erweitert.
2007
mit 20 Anlagen und später kamen
nochmal 50 Anlagen dazu. Inzwischen
erzeugt er Strom für 350 Haushalte und
plant, die Anlage nochmals zu erwei-
tern. Mittlerweile verkauft und instal-
liert der Unternehmer die Anlagen auch,
und das thüringenweit. „Zunächst woll-
te ich nur Strom ins Netz einspeisen,
denn ich hatte als Hauptgeschäft noch
eine Eisdiele in Ballstädt zu bewirt-
schaften. Dann kamen aber so viele
Anfragen nach Solaranlagen, dass ich
die Eisdiele aufgegeben habe und 2007
in den Verkauf von Photovoltaikanlagen
eingestiegen bin, obwohl das am An-
fang gar nicht geplant war.“
Ebenso wenig geplant war die Zweit-
nutzung des Solarparks als Putenmast-
anlage. „Das hat sich so ergeben. Klar
war, dass ich der Fläche eine Zweitnut-
zung geben wollte, deshalb habe ich
die Panels von Anfang an so hoch ge-
baut.“ 2009 hat Kästner die ersten 25
Puten gemästet, inzwischen sind es
3.500
Tiere, die jeweils zweimal im
Jahr – nach Biosiegel-Kriterien – zwi-
schen den Solaranlagen aufwachsen.
Abgenommen werden die Tiere von der
Firma „Freilandputen Fahrenzhausen“,
die großen Wert auf die ökologische
und artgerechte Haltung der Nutztiere
legt. Kästner plant sogar die Mast auf
insgesamt 10.000 Tiere im Jahr zu er-
weitern. Die Sockel der Solaranlagen
müssen dafür nach und nach zu Ställen
ausgebaut werden.
Dass seine „Sonnenweide“ eine Beson-
derheit darstellt, dessen ist sich Markus
Kästner bewusst: „Die Leute finden es
sehr interessant und schauen es sich
auch an. Sonntags steht manchmal die
ganze Straße voll mit Autos.“ Kein Wun-
der, denn Kästners Art der Putenmast
ist in Deutschland einzigartig. Die Idee,
Solarfelder mit Landwirtschaft zu kom-
binieren, könnte Schule machen. Denn
durch die Doppelnutzung hat man nicht
nur ein zweites Standbein, sondern
bringt auch der Umwelt
Gutes, indem man öko-
logisch wirtschaftet und
CO
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neutral erneuerbare
Energien gewinnt. (me)
Fotos: Seggy (strassenblick), Kästner Solar