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ie Biostromerzeugungsanlage (kurz BISEA) heizt
seit September letzten Jahres das Spaß- und Kurbad
tabbs. Bereits 2008 wurde das effiziente Energiekonzept
in Anlehnung an das 2004 beschlossene Erneuerbare-
Energie-Gesetz (EEG) der Bundesregierung entwickelt.
Grund für die umfangreiche Sanierung und die damit ein-
hergehende Erneuerung des Energiekonzeptes für das
Medical Wellness & Kneipp Resort“ tabbs waren vor
allem die mangelhafte Wirt-
schaftlichkeit und die hohen
Energiekosten des bereits 1997
eröffneten Spaßbades.
Dass das Bad wirtschaftlich bis-
her nie funktioniert habe, gibt
der seit 2000 in Tabarz amtie-
rende Bürgermeister Matthias
Klemm offen zu. Doch im Jahr
2012
erhofft sich Klemm einen
erstmaligen finanziellen Überschuss dank der umfangrei-
chen Sanierungsmaßnahmen und der neuen Energie-
anlage. „Der Überschuss wird dann als Pacht an die
Gemeinde abgeführt, die immer noch über acht Millionen
Euro Schulden begleichen muss, die aus dem Bau der
Badanlage resultieren“, so Klemm.
In der BISEA wird aus Holzhackschnitzeln Gas erzeugt.
Die Anlage besteht aus vier Turbinen, die jeweils von so
genannten Stirling-Motoren betrieben werden. Das Gas
treibt die Turbinen an, die dann den Strom erzeugen.
Produziert wird das Gas in einem technologischen Pro-
zess der Gegenstromvergasung. Durch den direkten
Transfer in den Gaskessel ist hierbei keine Kühlung erfor-
derlich. Die Wärme, die bei diesem Prozess entsteht, ist
im Prinzip ein Abfallprodukt der Stromerzeugung, mit
dem das Bad beheizt werden kann. Da der erzeugte Strom
Biostrom ist und ins Netz eingespeist wird, erhält die
Gemeinde Tabarz dafür auch eine Einspeisevergütung.
Ein weiterer finanzieller Vorteil der BISEA sind die Be-
triebskosten. Bei Stirling-Motoren sind diese wesentlich
günstiger als bei Gasmotoren. Zudem liegt die Schad-
stoffemission der im tabbs eingesetzen Motoren deutlich
unter den Abgaswerten vergleichbarer Gas-Ottomotoren
mit Katalysator. Was aus dem Schornstein kommt, be-
steht hauptsächlich aus Wasserdampf. Die BISEA läuft
nicht permanent auf vollen Touren, denn sie wird ther-
misch gesteuert. Je nachdem wie hoch der Wärmebedarf
im tabbs ist, wird die Anlage eingeschaltet. Im Schnitt
sind drei Module in Betrieb, das richtet sich vor allem
nach der Außentemperatur. Damit erzeugt man zwar
nicht so viel Strom, es hat aber mehrere Vorteile: Zum ei-
nen muss keine überflüssige Wärme in die Atmosphäre
abgegeben werden, denn in den Boilern kann man nur ei-
ne bestimmte Menge Wärme speichern. Zum anderen
schont man die Module, wenn sie abwechselnd arbeiten
und ermöglicht somit eine höhere Laufzeit der Anlage.
Warum so eine BISEA für das tabbs nicht nur sinnvoll,
sondern die eigene Stromproduktion für die Spaßbad-
anlage auch notwendig ist, erläutert tabbs-Techniker
Hendrik Frank: „Das tabbs verbraucht sehr viel Strom. Der
Energieanbieter lässt aber nur eine bestimmte Menge an
Stromabnahme zu. Alles, was darüber hinaus gebraucht
wird, muss selbst produziert und ins Netz eingespeist
werden, damit man es wieder abnehmen kann.“ Deshalb
hat das tabbs derzeit zusätzlich noch ein Blockheizkraft-
werk im Einsatz, das ausschließlich zur Stromproduktion
genutzt wird.
Das Besondere an der Art der Energiegewinnung ist, dass
es bei der Holzvergasung im Vergleich zur Holzverbren-
nung so gut wie keine Emissionen und somit auch kaum
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Ausstoß gibt. Als Rohstoff dient Holz. Es wird ge-
schreddert und zu Hackschnitzeln verarbeitet. Im Gegen-
satz zur Verbrennung muss das Holz bei der Vergasung
nicht vorgetrocknet werden, was wiederum Energie ein-
spart. Es kann eine Restfeuchte von 55 Prozent aufwei-
sen und somit waldfrisch in Energie umgewandelt wer-
den, denn mehr als 55 Prozent Feuchtigkeit weist ein
frischer Baum in der Regel nicht auf. Bei dem Verga-
sungsprozess des Holzes fällt außerdem nur ein Prozent
Asche an. Grundsätzlich eignet sich jede Art von Holz.
Das Holz kommt natürlich direkt aus der Region“, so
Klemm. Trotz allem reicht die Wärmeleistung der Anlage
nicht immer aus. Wenn es im Winter sehr kalt ist, muss
ein Gasboiler zugeschaltet werden. „Von der Investition
her wäre es nicht sinnvoll gewesen, stattdessen eine Kas-
kade mehr zu bauen, das hätte sich nie amortisiert“,
räumt Klemm ein, denn über die Anlage werden immer-
hin 85 bis 90 Prozent des Wärmebedarfs des Bades abge-
deckt.
Der Einsatz der BISEA ist für das tabbs eine umwelt-
freundliche und effiziente Lösung des Wärme- und
Energieproblems. Dabei musste die Gemeinde Tabarz für
die Kosten der Anlage nur zu zehn Prozent aufkommen.
Insgesamt hat die Anlage etwa 2,75 Millionen Euro ge-
kostet. 90 Prozent wurden vom Wirtschaftsministerium
des Landes gefördert. Für fast die gleiche Summe wurde
parallel auch das Bad umfangreich saniert, ebenfalls mit
90
Prozent Förderung. Ob sich die Investition wirtschaft-
lich lohnt, wird sich im Laufe der Jahre
zeigen. (me)
Kosten im Griff mit altüblichen Rohstoffen
aus der Region und geringen Emissionen.
Fotos: Seggy (strassenblick)